Marcus Jensen: Red Rain (Regina 1)

Nach Schweine legt Marcus Jensen nun eine Neubearbeitung seines bereits 1999 erschienenen Romans Red Rain vor, des ersten Teils der Regina-Reihe, deren dritter Band gerade in Arbeit ist.

Milleniumsnacht 1999. Nach einer Atombombendrohung der Terrorgruppe Nox Irae herrscht Ausnahmezustand in Berlin. Während die einen in Panik die Stadt verlassen wollen, feiert sich die  Mehrheit um den Verstand. Alle Schamanen und sonstigen Sinnspender sind ausgebucht. Deshalb heuert Regina, Deutschlands jüngste Staatssekretärin, für die Regierungssylvesterparty im Luftschutzbunker unter dem Alexanderplatz ihren Ex an, einen heruntergekommenen Uniprof, der die Rolle des Medizinmanns dankbar verinnerlicht. Vor einigen Jahren hat er mit Regina zusammen in den amerikanischen Indianerreservaten am Sun Dance teilgenommen. Davon hat er sich nicht wieder erholt. Er trauert nicht nur der verflossenen Liebe nach, sondern ist  innerlich zum Indianer mutiert. Schon im Flugzeug nach Berlin bringt er sich mit Indianergesängen von seinem Walkman in Stimmung. Auf der Flughafentoilette vollzieht er die äußerliche Verwandlung, und es beginnt mit Stretchlimo und Eskorte ein apokalyptischer Trip durchs nächtliche ‘Bear City’. Während im TV die Endzeit-Show läuft, erreicht er nach skurrilen Begegnungen mit einer Paintballtruppe, feindlich gesonnen Star-Trek- und Star-Wars-Fans und einem Gangsta-Rapper schließlich seinen Einsatzort. Das Chaos erweist sich als sorgfältig orchestriert. Ist alles eine einzige große VERSCHWÖRUNG?

Erzählt wird im typischen ‘Jensen-Rap’, einer raffinierten Bewusstseinsstrom-Technik, die mehrere Ebenen und Geschichten parallel schließt: einen Monolog, gerichtet an den Psychologen Deckart, dem er mal bei einer Party sein Herz ausgeschüttet hat,  die Liebesbeziehung mit Regina, die Begegnung mit Cold Smoke, dem Indianerhäuptling und vermeintlichen Weisen. Klingt kompliziert, aber es funktioniert. Die verschiedenen biographischen Erzählschichten und das unmittelbare Erleben vereinen sich beim Lesen zum schlüssigen Ganzen. Es entsteht ein phänomenaler Drive, der niemals artifiziell wirkt. Das liegt nicht zuletzt an Jensens anarchischem, herrlich unkorrektem Humor und den eingestreuten O-Tönen, die den auftretenden Figuren eine überzeugende Präsenz verleihen. Ein urkomischer Blick in einen Zerrspiegel, in dem sich ein gut Stück Realität zu erkennen gibt.

RedRain

 

Marcus Jensen
Red Rain, Roman
Forsamin, E-Book

Epub
Amazon

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..